Freeconomics , das verrückteste Business Model der Welt

Andreas Klassen, Autor und Verfasser des deincto.de Blogs
Andreas Klassen Aktualisiert 02.01.2022
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Das Konzept “Freemium” ist von einem einstigen simplen Marketing-Gag zu einem mittlerweile vollwertigen und führenden Geschäftsmodell angewachsen! Anfänglich in der Glücksspielbranche genutzt hat sich das Business Modell als am schnellsten wachsenden Konzept einen Namen gemacht. Gegenwärtig findet man Freemium in jedem Segment, seien es kostenlose Online-Spiele, gratis Newsletter oder komplette Services die Milliarden Konzernen wie Google oder Facebook die Existenz und Vorherrschaft sichern!

Was ist Freemium?

Freemium ist ein Zusammenschluss aus den beiden Worten “free” und “premium”. Diese Fusion beschreibt das komplette Modell perfekt. Freemium ist durch die Kommerzialisierung des Internets entstanden und ist heute das dominierende Geschäftsmodell im World Wide Web. Es geht darum aus grundsätzlich frei verfügbaren Diensten oder Content gewinne bzw Profit zu erzielen. Üblicherweise werden frei verfügbare Dienste Gratis angeboten, um den Nutzer an den Service zu binden um danach mit Premium (kostenpflichtigen) Features oder einer Vollversion zu monetarisieren. Eine weitere Möglichkeit besteht in vollkommen kostenlosen Services, welche durch Werbeeinnahmen oder die Nutzung von Daten, finanziert werden. Welche Modelle gibt es? Prinzipiell muss man zwischen zwei verschiedenen Geschäftsmodellen unterscheiden. Es gibt die komplett freien Freemium Modelle und Freemium Modelle die Premium Funktionalitäten anbieten.

Die komplett kostenlosen Freemium Modelle finanzieren sich durch Daten und/oder Werbung. Diese Konzepte leben von Reichweite und vielen Nutzern, denn erst durch eine große Nutzerbasis beginnt das Modell profitabel zu werden. Die zweite Variante mit erweiterten Funktionalitäten ist ebenso verbreitet und beliebt. Diese Variante erfordert nicht zwingend eine sehr große Nutzerbasis, um profitabel zu sein. Hierbei fungiert die Free Variante als Salesfunnels, Referral Programme und Testphasen um zahlende Kundschaft günstig zu beschaffen. Deswegen kommt der Ursprung auch aus dem Marketing Umfeld, um das Online-Pendant zum “Wollen Sie mal diesen neuen Schinken probieren?”, was wir alle aus dem Supermarkt kennen, zu schaffen.

Über die Zeit entwickelte es sich zu einem eigenen Geschäftsmodell und wuchs über den reinen Marketingcharakter hinaus. Premium Features können sowohl ein komplett erweiterten Funktionsumfang oder durch Begrenzung der Gratis-Nutzung dargestellt werden, in Form eines “Free Trials” oder “30 Tage gratis Nutzung”. Natürlich gibt es auch Unternehmen die eine Mischform von beiden Modellen nutzen, sowohl Premium-Elemente als auch Monetarisierung durch Werbung, Daten und Upsales. Diese Modelle sind hochprofitabel und sehr nutzerzentriert aufgebaut!

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Freemium - Beispiele aus der Praxis

Die Beispiele sind allgegenwärtig und omnipräsent! Jeder hat sicherlich schon einmal einen Service oder Programme genutzt das auf einem Freemium Geschäftsmodell aufsetzt, entweder bewusst oder unbewusst! Ein paar sehr bekannte Beispiele sind:

  • Kostenlose Zeitungen, Dropbox
  • Spotify und Youtube
  • Google Mail,Google Maps und so gut wie jeder weitere Google Service
  • Fast jedes Onlinespiel oder App
  • Facebook

Wie Wertvoll Daten sind, dämmert den meisten erst seit dem Datenskandal von Facebook, wie lukrativ so ein datengetriebenes Geschäftsmodell sein kann auch. Durch Micropayments und Werbung finanzieren sich die meisten Spiele Apps in den App Stores. Gute Beispiele sind Clash of Clans, Clash Royal oder Angry Birds. Besonders bei Online Spielen und Apps können unzählige Features, Skins und andere digitale Begehrlichkeiten für kleines Geld erworben werden!

Das fatale am Modell Freemium!

“Free to Play”, “Gratis testen” oder “30 Tage gratis”, solche Angebote werden uns in Zukunft wohl weiter verfolgen und sind heute wahrscheinlich nicht mehr wegzudenken! Doch im Selben Atemzug fallen Begriffe wie “Krüppelware”, “Quengelware” oder “Expireware” die genauso Freemium Geschäftsmodelle beschreiben. Das Fatale am Freeconomics Modell ist nämlich folgendes. Zwar lassen sich große Gewinne mit diesem Geschäftsmodell erzielen, allerdings nur für eine handvoll großer Anbieter und global Player. Meistens die, die die meisten und besten Services anbieten und es sich leisten können kostenlose Dienste zu quersubventionieren. Dadurch entstehen gigantische Monopolisten, wie man es im Beispiel von Google, Amazon, Facebook und Co. sieht. Je mehr Unternehmen auf ein Freemium Modell setzen, desto fataler wird das Spiel. Die Konkurrenz steigt, der Wettbewerb steigt, die Margen und Gewinne fallen und ein Unternehmen wird es deutlich schwieriger haben Cash Positiv zu werden und seinen ROI einzufahren. Das Risiko zu scheitern und bankrott zu gehen steigt immens!

"Freemium ist nie kostenlos, aber es erwartet, dass eine ganze Reihe von Menschen im endeffekt für nichts arbeiten!"

Das Bild aus Customer-Sicht ist ebenfalls ein trügerisches. Die meisten Internetnutzer haben sich an gratis Content gewöhnt. Diese gewöhnungführt dazu, dass Kunden nicht bereit sind für Content im Allgemeinen zu bezahlen.

“Irgendwo muss es diesen Service ja auch umsonst geben!” - Adrian Teh

Es lässt die Nutzer glauben, sie hätten ein Recht auf Gratisangebote. Dies führt dazu, das jeder kostenlose Inhalte anbietet und zur einheitlichen und allgemeinen Konsolidierung mit beiträgt. Es gewinnen die Monopolisten! Der leidtragende sind alle anderen und im Endeffekt die Gesellschaft als ganzes! Die aktuellen Debatten zu “Artikel 13” und “Fake News” beweisen dies ganz eindrucksvoll! In immer mehr Branchen werden die traditionellen Geschäftsmodelle unterbrochen und durch kostenlose Geschäftsmodelle ersetzt, bei denen die anfängliche Transaktion kostenlos wird und Unternehmen mit sekundären Einnahmequellen wie Premiumprodukten, ergänzenden Dienstleistungen oder Werbung, gewinne generiert werden.

“Freeconomics ist das irreführendste Geschäftskonzept der Welt, da es darauf abzielt, etwas Wertvolles zu verschenken und gleichzeitig alles andere um sich herum aktiv abwertet!”

Das Konzept “Freemium“ hat bereits eine Reihe von Branchen zerstört, und zweifellos werden andere Branchen bald folgen. Die Buchbranche bzw Zeitungsbranche oder die Musik sowie Fernsehbranche werden wahrscheinlich nur einige davon sein, da die kommende Generationen nur noch Handys und Tablets nutzt und eher weniger bereit ist für Inhalte zu bezahlen (“PaidContent”).

Dieses gewöhnen der Nutzer an das Freemium Modell wird einige Branchen und die Art wie wir in Zukunft konsumieren und leben deutlich verändern. Deswegen sollten viele Fragen gestellt werden und eine Diskussion ins Rollen zu bringen.

  • Wie verändert Freemium die Verbrauchererwartungen und umgekehrt?
  • Wie kann kostenloses Teil eines nachhaltigen Geschäftsmodells sein?
  • Wenn der Preis gleich Null ist, was schätzen die Kunden sonst noch?
  • Ist Freemium eine Bedrohung oder ein Segen für geistiges Eigentum?
  • Was ist mit den Sozialleistungen?
Das sind Fragestellungen die uns in Zukunft beschäftigen werden, denn die Kritiken gegen Freemium Modelle fangen langsam an zu erscheinen.
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Ein Gedankenspiel zum Abschluss

Nehmen wir ein Beispiel einer klassischen Musikband. Vor einigen Jahrzehnten hat sie mir Schallplatten und CD Verkäufen ihre Haupteinnahmen generiert. Heute bietet Sie die Musik kostenlos an, über Spotify und für kleines Geld über iTunes und Co. Diese Online-Plattformen werden genutzt, um die kostenlose Musik zu verbreiten und eine erhöhte Reichweite zu generieren. Das Ziel ist die Hörerschaft zu Konzerten zu locken, bei denen der Großteil der Einnahmen generiert wird. Durch die Online-Plattformen selbst bekommt die Band meist nicht nennenswerte Gewinne. Was passiert allerdings, wenn bestimmte Bands es schaffen mit Ihren Merchandise Artikel mehr Gewinne zu erzielen? Werden dann neben der Musik, auch noch die Konzerte kostenlos angeboten? Wird dann die Musik und das Erlebnis als Salesfunnel für die Merch-Shirts missbraucht?

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